Bischof Pirmin (M-E, SO):
Zunächst zu meiner Interessenbindung: Ich bin Präsident der privaten Spitex Schweiz.
Die Frage, die wir hier behandeln, ist die der mehrwertsteuerlichen Gleichstellung von gleichen Leistungen, die am gleichen Ort für die gleichen Patienten erbracht werden. Der einzige Unterschied ist, dass der eine Leistungsanbieter ein öffentlich-rechtlicher ist, ein "gemeinnütziger", wie hier steht, und der andere Anbieter auf dem privaten Markt tätig und gewinnstrebig ist. In einem System der Staatsmedizin könnte man sagen, dass es richtig sei, die "staatlichen Institutionen" gegenüber den "privaten oder gewinnstrebigen Institutionen" zu begünstigen. Aber wir haben kein System der Staatsmedizin. In der Schweiz sind Gesundheitsleistungen sowohl durch öffentliche, nicht gewinnstrebige Institutionen als auch durch private Institutionen erbringbar. Es gibt öffentliche und private Spitäler. Selbstverständlich sind mehrwertsteuerrechtlich beide gleichgestellt - heute schon. Es gibt Ärzte, die privat tätig sind, und Ärztinnen, die in einem Spital tätig sind. Selbstverständlich sind sie mehrwertsteuerlich gleichgestellt. Und selbst die Alters-, Wohn- und Pflegeheime, von denen es öffentliche und private gibt, sind gemäss der gleichen Ziffer 8 gleichgestellt. Mehrwertsteuerlich gesehen, ist die Frage nur, welche Leistungen sie erbringen. Die einzige Ausnahme ist bis heute die Spitex, also die Pflege und Betreuung zuhause.
Leistungsaufträge von Gemeinden, da muss ich den Minderheitssprecher korrigieren, können an öffentlich-rechtliche oder an private, gewinnstrebige Organisationen vergeben werden, und das werden sie auch. Das ist kein Kriterium für die Abgrenzung. Es geht auch nicht um die Frage der Pflege. Wenn die Pflege zuhause erbracht wird - das hat der Mehrheitssprecher richtig gesagt -, ist sie bei öffentlichen und privaten Organisationen steuerbefreit, zu Recht. Es sind OKP-Leistungen. Den einzigen Unterschied gibt es bei den sogenannten Betreuungs- und hauswirtschaftlichen Leistungen. In diesem Bereich hat sich seit der Einführung des Mehrwertsteuergesetzes eine Marktverschiebung ergeben. Heute werden etwa 30 Prozent dieser Leistungen durch private Spitex-Organisationen erbracht - die genau gleichen Leistungen, am gleichen Ort, beim gleichen Patienten. Es ist eben wie bei den Spitälern oder den Ärztinnen und Ärzten.
Es geht in diesem Bereich, wie bei den Heimen, nur um die Frage, welche Leistungen erbracht werden, nicht um die Frage, von wem. Wenn sie von einer Organisation erbracht werden, sollen sie auch gleich behandelt werden. Der Kommissionssprecher hat es gesagt: Die Kommission hat sich überlegt, ob man nun beide Leistungen von den Steuern befreien oder aber besteuern soll. Da kann man geteilter Meinung sein. Aus dem Blickwinkel, die Gesundheitskosten möglichst nicht steigen zu lassen, hat sich die Kommissionsmehrheit für die Variante entschieden, für diese Leistungen beide von den Steuern zu befreien, deshalb die beantragte Mehrheitslösung.
Der wichtige Punkt: Es geht nicht darum, eine neue Abgrenzungsebene, z. B. für private Putzinstitute, zu schaffen. Diese sind selbstverständlich mehrwertsteuerpflichtig. Das Kriterium ist, ob eine Leistung im Zusammenhang mit der Krankenpflege und der dafür zwingend nötigen Hilfe zuhause erbracht wird. Die Kommission hat einen Bericht eingeholt, der hier die entsprechenden Präzisierungen vornimmt. Es besteht also keine neue Abgrenzung.
Ich bitte Sie, hier der Mehrheit zu folgen, um die heute bestehende, unerklärbare Diskriminierung zwischen staatlichen, nicht gewinnstrebigen und privaten, in der Regel gewinnstrebigen Organisationen zu beseitigen.
21.019 Mehrwertsteuergesetz. Teilrevision
Mehrwertsteuergesetz. Teilrevision