Pirmin Bischof
Ihr Ständerat.

Artikel im CVPpersönlich Nr. 3/2017 "Altersreform 2020: Endlich!"

In den letzten 20 Jahren sind alle Reformen der AHV und der Pensionskassen gescheitert. Beide Sozialwerke sind deshalb heute in einer kritischen Situation. Um es klar zu sagen: Ohne Reform sind die Renten nicht mehr sicher. Die Reform „Altersvorsorge 2020“ stabilisiert die AHV und die berufliche Vorsorge und sichert das Niveau der Renten. Wir haben 7 Jahre an dieser Reform gearbeitet und viele Alternativen geprüft. Zur Abstimmung steht jetzt ein solider Kompromiss. Einen „Plan B“ gibt es nicht.

 

 

Die AHV ist das wichtigste Sozialwerk der Schweiz. Die AHV und die berufliche Vorsorge sind aber heute nicht mehr stabil, weil in den nächsten Jahren geburtenstarke Jahrgänge in Pension gehen, die Lebenserwartung gestiegen ist und die Zinsen seit Jahren praktisch null sind.

Die teuerste und gefährlichste Lösung ist keine Reform

Ohne Reform würden die jährlichen Defizite der AHV rasch ansteigen und die Renten wären nicht mehr garantiert. In der beruflichen Vorsorge (BVG) decken die Aktiven ihre späteren Renten nicht mehr. Seit 1995 wurden alle AHV-Reformen sowie die Senkung des Umwandlungssatzes abgelehnt, was die beiden Säulen in Schräglage gebracht hat. Die Reform Altersvorsorge 2020 geht diese Probleme koordiniert an. Ziel der Reform ist, die Höhe der gesetzlich garantierten Altersrenten zu erhalten.

Die Grafik 1 zeigt es deutlich: Ohne Reform (also nach geltendem Recht) können ab ca. 2030 die Renten nicht mehr bezahlt werden, weil der AHV-Fonds aufgebraucht ist. Und: Jedes Jahr Zuwarten mit einer Reform erhöht die Kosten weiter. Mit der Reform werden die Renten bis weit in die Dreissigerjahre abgesichert. Klar ist aber ebenso, dass trotz dieser Verschnaufpause in einigen Jahren weitere Reformen nötig sind.

Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65       

Ein einheitliches Referenzalter für Mann und Frau von 65 wird eigeführt. Im Referenzalter 65 wird die Rente ohne Abzüge oder Zuschläge ausbezahlt. Das Referenzalter der Frauen wird von 2018 bis 2021 schrittweise von 64 auf 65 angehoben.

Mehrwertsteuer für die AHV

Mit der Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge wird die Zahl der neuen AHV-Renten in den nächsten Jahren stärker zunehmen. Zwei Massnahmen stabilisieren die AHV bis Ende des nächsten Jahrzehnts: Erstens erhält die AHV den ganzen Ertrag aus dem Mehrwertsteuer-Prozent, das schon heute zugunsten der AHV erhoben wird. Der Bund verzichtet auf seinen Anteil daran. Zweitens fliesst der Ertrag von weiteren 0,6 Mehrwertsteuer-Prozenten in die AHV: Ab 2018 kommen ihr 0,3 Prozent zugute, die noch bis Ende 2017 an die IV gehen. Die Mehrwertsteuer bleibt dadurch unverändert bei 8,0 Prozent. Ab 2021 erhält die AHV den Ertrag aus zusätzlichen 0,3 Prozent. Dafür wird die Mehrwertsteuer auf 8,3 Prozent angehoben.

Senkung der Pensionskassen-Renten wird ausgeglichen

Bei den Pensionskassen wird der Mindest-Umwandlungssatz schrittweise von 6,8 auf 6,0 Prozent gesenkt. Das würde für Neurentner eine Rentensenkung von bis zu 12 Prozent bedeuten. Ein Ausgleich im BVG und eine Erhöhung der neuen AHV-Renten von jährlich 840 Franken (70 Franken monatlich) stellen sicher, dass die Höhe der Altersrenten erhalten bleibt. Damit ist die Reform für die sog. „Übergangsgeneration“ der 45- bis 65-jährigen erträglich und gleichzeitig die Renten abgesichert.

Ehepaare erhalten zusammen mindestens 1680 und höchstens 2712 Franken mehr AHV-Rente. Dadurch wird erstmals ein Stück der unseligen Heiratsstrafe ausgeglichen. Zur Finanzierung der Massnahmen in der AHV werden erstmals seit über 40 Jahren die Lohnbeiträge geringfügig um 0,3 Prozent erhöht.

Heutige Renten sind nicht betroffen

Trotz der schlechten Finanzlage von AHV und BVG haben die Eidgenössischen Räte für die jetzige Rentnergeneration einen wichtigen Entscheid gefällt: Wer heute schon eine Altersrente bezieht, ist von der Senkung des Umwandlungssatzes nicht betroffen. Deshalb ist für Rentnerinnen und Rentner kein Ausgleich nötig, und sie müssen auch nicht dafür bezahlen. Die AHV-Renten werden aber weiterhin der Teuerung und der Lohnentwicklung angepasst. Damit bekommen die heutigen Rentnerinnen und Rentner wieder Sicherheit für ihre Renten, ohne daran bezahlen zu müssen (abgesehen von der leichten Mehrwertsteuererhöhung, die alle Konsumenten tragen)

Sicher und dazu: Flexibler und gerechter

Die Reform passt die Altersvorsorge den heutigen Menschen an. Sie ermöglicht eine flexible und schrittweise Pensionierung zwischen 62 und 70 Jahren. Sie schliesst zudem Vorsorgelücken von Personen mit tiefen Einkommen. Dies betrifft vor allem Frauen.

Menschen ab 58 Jahren erhalten mit der Reform eine bessere Absicherung in der beruflichen Vorsorge. Wenn sie ihre Stelle verlieren, können sie neu in ihrer Pensionskasse bleiben und erhalten von dieser später eine Altersrente. Heute sind sie häufig gezwungen, das Altersguthaben zu beziehen und auf eigenes Risiko zu verwalten.

Einmal Ja genügt nicht…                                            

Die Reform besteht aus zwei Vorlagen: Einer Verfassungsänderung und einer Gesetzesänderung. Nur wenn beide Vorlagen angenommen werden, kommt die Reform zustande.

 

Gegner von Rechts und Links

  • Im Nationalrat wurde die Reform mit 100 zu 93 Stimmen bei 4 Enthaltungen, im Ständerat mit 27 zu 18 Stimmen angenommen.
  • Die CVP-Fraktion hat der Reform einstimmig zugestimmt, die CVP-Delegierten mit 240 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Sowohl die CVP-Frauen, die CVP 60+ als auch die Junge CVP haben die Ja-Parole zur Rentenreform beschlossen.
  • Die extreme Linke hat gegen die Reform das Referendum ergriffen. Sie lehnt die Angleichung des Frauenrentenalters ab.
  • SVP und FDP lehnen die Reform ab, da sie zu teuer sei und zu wenig lang Absicherung biete. Nur: Sie legen keine tragfähige Alternative vor.

Meine Beurteilung: Wer nach 20 Jahren gescheiterter Reformen auf ein „Ei des Kolumbus“ spekuliert, das noch niemand gesehen hat, spekuliert fahrlässig mit der Sicherheit des wichtigsten Sozialwerkes der Schweiz. Die Altersreform 2020 ist der tragfähige Kompromiss der schnell und wirksam die Renten absichert und für alle erträglich ist. Deshalb empfehle ich Ihnen aus Überzeugung 2 x JA!

 

Pirmin Bischof, Ständerat, Solothurn

zurück

Aktuelle Termine

  • Keine zukünftigen Veranstaltungen vorhanden.
  • Auf Facebook

    Meine Vorstösse

    Interpellation
    22.4136

    Aktuelle Daten zum Fachkräftemangel in der Pflege. Vorlegen oder jetzt beschaffen

    Eingereicht am: 16.11.2022
    Status: Erledigt
    Motion
    22.3804

    Treibstoffpreise. Einen Preisrechner nach österreichischem Vorbild einführen

    Eingereicht am: 07.09.2022
    Status: Erledigt
    Motion
    22.3803

    Kaufkraft schützen! Sofortiger Teuerungsausgleich bei den AHV-Renten

    Eingereicht am: 07.09.2022
    Status: Erledigt
    Interpellation
    22.3358

    Krieg gegen die Ukraine. Kaufkraft erhalten und Abhängigkeit von internationalen Lieferketten reduzieren

    Eingereicht am: 18.05.2022
    Status: Erledigt
    Interpellation
    22.3357

    Was tun, um eine drohende Mangellage bei Strom und Gas zu vermeiden? Was droht Haushalten und Firmen, wenn sie trotzdem kommt?

    Eingereicht am: 18.05.2022
    Status: Erledigt
    Interpellation
    21.4330

    Elektronisches Patientendossier praxistauglich umsetzen!

    Eingereicht am: 17.11.2021
    Status: Erledigt
    Interpellation
    21.3801

    Warum plötzlich eine Aufhebung des Kredit- und Hypothekarvergabeverbots von Postfinance ohne gleichzeitige Vollprivatisierung und ohne Prüfung der Grundversorgung?

    Eingereicht am: 01.09.2021
    Status: Erledigt
    Interpellation
    20.4255

    Das institutionelle Rahmenabkommen jetzt bereinigen

    Eingereicht am: 25.11.2020
    Status: Erledigt
    Interpellation
    20.3763

    Welche Gewinne der Nationalbank sind eigentlich "verfügbar"?

    Eingereicht am: 26.08.2020
    Status: Erledigt
    Interpellation
    19.4641

    Bankenregelwerk "Basel III final" in schwerem Gelände oder: Die Giraffe und die Maus

    Eingereicht am: 12.02.2020
    Status: Erledigt