Pirmin Bischof
Ihr Ständerat.

Markwalder vs. Bischof in der Steuer-«Arena»: Wer ist für das grössere Bürokratiemonster?

In der «Arena» vom Freitagabend ging es um den Einfluss von Steuern auf das Familienmodell und vor allem um die Individualbesteuerung. Dabei kämpften am meisten FDP-Nationalrätin Christa Markwalder und Mitte-Ständerat Pirmin Bischof für «ihre Initiativen».

Damit aus einem Kaffee-Pausen-Gespräch eine eidgenössische Initiative wird, braucht es Willen. Diesen zeigte Christa Markwalder, Mitglied des Initiativkomitees der Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)», auch in der «Arena» vom Freitagabend. Doch ihre Kontrahenten machten es ihr nicht einfach.

Unter dem Titel: «Steuern – diktiert der Staat das Familienmodell?», hat das SRF zur Diskussionsrunde eingeladen. Am Wortgefecht teilgenommen haben drei Frauen und ein Mann.

Barbara Gysi, Nationalrätin SP, SG
Christa Markwalder, Nationalrätin FDP, BE
Monika Rüegger, Nationalrätin SVP, OW
Pirmin Bischof, Ständerat CVP, SO
Doch wieder zurück zur Kaffee-Pause. «Arena»-Moderator Mario Grossniklaus, welcher den ferienabwesenden Sandro Brotz vertritt, will von Christa Markwalder wissen, wie es zur Initiative gekommen sei.

«Entstanden ist die Idee an einer Retraite der Parteileitung der FDP Kanton Bern», erklärt Markwalder. Bei einem Kaffee sei sie zum Stand ihrer Motion befragt worden, welche sich der Einführung der Individualbesteuerung widmete. Damals sei die Motion noch in den «Schubladen des Parlaments hängengeblieben».

«Zusammen mit den FDP-Frauen-Schweiz wurde danach die Entscheidung gefasst, mit einer Volksinitiative den Druck auf die Politik zu erhöhen». Mittlerweile wurde Markwalders Motion angenommen und der Bundesrat arbeitet bereits an der Einführung der Individualbesteuerung – gleichzeitig kommt die Initiative voraussichtlich 2024 vors Volk.

Denn heute werden in der Schweiz verheiratete Paare und gleichgeschlechtliche Paare, welche in einer eingetragenen Partnerschaft leben, gemeinsam besteuert. Gehen beide Personen einer Erwerbstätigkeit nach, werden sie wegen der Progression stärker besteuert als Konkubinatspaare mit zwei getrennten Steuerveranlagungen.

Die Volksinitiative verlangt gemäss Initiativtext, dass künftig «natürliche Personen unabhängig von ihrem Zivilstand besteuert werden».

«Familienfeindliches System»
«Wir haben ganz andere Probleme», meint zum Auftakt der «Arena» SVP-Nationalrätin Monika Rüegger. Heute sei das System familienfeindlich, findet die Obwalderin. «Der Staat unterstützt vor allem Familien, die Kinder in die Krippen schicken. Ebenfalls feindlich ist, dass die wertvolle Familienarbeit steuerlich benachteiligt wird», sagt Rüegger. Dies werde nicht durch die Individualbesteuerung gelöst.

«Dem muss ich vehement widersprechen», kontert Christa Markwalder. Das Steuersystem sei genau auf eine Einverdiener-Familie ausgelegt. Traditionellerweise der Mann, der Arbeiten gehe und die Frau, die zu Hause Kinder betreue. «Sobald beide erwerbstätig sind, gibt es die Heiratsstrafe». Für Markwalder ist klar, dass diejenigen bestraft werden, welche zusätzlich arbeiten, indem sie in eine höhere steuerliche Progression kommen. «Ein traditionelles System wird begünstigt».

Moderator Grossniklaus möchte von Mitte-Ständerat Pirmin Bischof wissen, ob für ihn die Initiative nicht nach einer fairen Lösung töne. Der Politiker sieht darin jedoch eine Ungerechtigkeit, welches das Steuersystem auf den Kopf stellen würde. «Gleiche Ehepaare mit verschiedenen Familienmodellen sind gleich zu besteuern», lautet seine Devise.

Bischofs Sicht stimmt mit der von Publikumsgast Roger Pfister überein. «Wir sind eine vierköpfige Familie. Da wir ein Kind mit speziellen Bedürfnissen haben, können meine Frau und ich nicht beide arbeiten.»

Er sei Vollzeit angestellt und arbeite dazu im Nebenerwerb, um über die Runden zu kommen. Der Publikumsgast führt weiter aus, dass er andere Ehepaare kenne, die beide erwerbstätig sind und gut verdienen. «Die haben nie das Argument gebracht, dass sie zu viel Steuern bezahlen. Durch die Individualbesteuerung hätten sie dann sogar noch mehr Geld».

1,5 Milliarden oder 700 Millionen?
Dem entgegnet SP-Nationalrätin Barbara Gysi, es könne aber auch sein, dass der Publikumsgast Pfister und seine Frau das Pensum in Zukunft anders aufteilen würden. Zudem sei die St. Galler Politikerin der Meinung, dass man bei Familien mit Kindern mit speziellen Bedürfnissen schauen müsse, wie man diese anders unterstützen könne. «Die SP ist bereit, für eine Individualbesteuerung auch Geld in die Hand zu nehmen», erklärt Gysi.

Auf die Kosten der Initiative kommt auch Ständerat Pirmin Bischof zu sprechen: «Die Steuerausfälle bei der Individualbesteuerung betragen 1,5 Milliarden Franken». Die Zahlen seien vom Bundesrat und Ecoplan, so der Solothurner. «Dann hast du diese zusammengerechnet?», kommt es sofort aus Christa Markwalder geschossen.

Bischof lacht und entgegnet mit einem «Nein». «Dann müssen Sie die Berichte auch anschauen, die publiziert wurden. Es gibt ein angepasstes Modell mit rund 700 Millionen Franken Steuerausfällen», doppelt SP-Nationalrätin Barbara Gysi nach. Und: Sie spreche sich für Anpassungen bei der Progression aus, damit die Steuerausfälle nicht zu gross seien.

Gar keine Steuerausfälle durch Individualbesteuerung will SVP-Nationalrätin Monika Rüegger. Sie findet, der Staat habe nicht das Recht, in Familienmodelle einzugreifen und das Modell mit Individualbesteuerung zu bevorzugen.

«Das ist doch nicht dein Ernst, dass man dreimal mehr zahlen soll, wenn eine Mutter zu Hause bei den Kindern bleibt und der Vater Vollzeit arbeitet?», konfrontiert sie Christa Markwalder und betont nochmals: «Das ist doch nicht dein Ernst?». Wie bitterernst es Markwalder ist, beantwortet sie mit einer Gegenfrage an Rüegger. «Mit welchem Recht sagt du, dass Besteuerung nicht zivilstandsneutral sein darf?»

Gegen Ende der «Arena» wird Mitte-Ständerat Pirmin Bischof von Moderator Grossniklaus zur Partei befragt. «Die Mitte-Partei ist die Familien-Partei. Tut das jetzt weh, das Thema den FDP-Frauen zu überlassen?», fragt der SRF-Mann.

Der Solothurner Ständerat sieht dies ganz anders: «Wir überlassen ihnen das überhaupt nicht. Thematisch ist die Initiative völlig unnötig, da der Bundesrat sowieso ein Modell zur Individualbesteuerung liefern wird. Deshalb lehne ich das ab».

Bischof verweist darauf, dass seine Partei am kommenden Dienstag eine eigene Volksinitiative lancieren werde. «Wir möchten das Splitting-Modell beim Bund einführen, dass dort die Heiratsstrafe abgeschafft wird». Gerade im Verständnis für erwerbstätige Frauen wolle man ein alternatives Steuermodell einbeziehen.

«Dabei rechnet die Steuerverwaltung beide Modelle durch und den günstigeren Preis kann das Ehepaar dann bezahlen».

Initiative werde zum Bürokratiemonster
Mehrere Kantone hätten sich jedoch für eine Individualbesteuerung ausgesprochen und es mittels Standesinitiativen auf nationaler Ebene versucht, sagt Grossniklaus.

«Keiner dieser Kantone hat die Individualbesteuerung jedoch eingeführt. Wissen Sie, warum?», fragt Ständerat Bischof und beantwortet die Frage gleich selbst: «Diese haben dem Bund gesagt, er soll die Individualbesteuerung einführen. Aber sie wollten das selbst nicht. Denn es hat viele Nachteile.» Für Bischof sei klar, die Initiative werde zum «Bürokratiemonster».

Dieses Argument lässt Christa Markwalder jedoch nicht gelten: «Steuerverwaltungen müssen laufend neue Sachen umsetzen. Ich finde es übertrieben, von einem Bürokratiemonster zu sprechen, wenn man selbst eine Initiative lanciert, die sogar zwei unterschiedliche Modelle präsentiert. Wenn das kein Bürokratiemonster ist!»

Beitrag: Kilian Marti, Watson

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